Donnerstag, 12. März 2015

Therapy? - Helping the afflicted since 1990!

www.conversationsabouther.net
(sf) Auf stolze 25 Jahre Bandgeschichte können die Nordiren von THERAPY? mittlerweile zurückblicken, doch an Aufhören ist nicht zu denken. Ganz im Gegenteil: pünktlich zum Vierteljahrhundert veröffentlichen Andy Cairns, Michael McKeegan und Neil Cooper mit DISQUIET ein neues Album, das frischer und überraschender nicht klingen könnte. Ein bisschen zurück in die 90er, ein bisschen Weiterentwicklung und in der Form nicht unbedingt zu erwartende textliche Perlen - THERAPY? übertreffen sich selbst und zeigen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Ganz nebenbei hauen sie den wahrscheinlich besten Track ihrer bisherigen Karriere raus...

Besorgnis, innere Unruhe - so wirklich aufmunternd klingt der Titel des neuen Therapy?-Albums ja nicht gerade, aber jegliche Unsicherheit bezüglich der musikalischen Qualitäten des Trios kann schon mit dem Opener "Still Hurts" ad acta gelegt werden, denn bereits hier ist erkennbar, dass die Nordiren wieder einmal eine andere Richtung einschlagen als auf den Vorgängeralben. Waren "Crooked Timber" und "A Brief Crack Of Light" noch eher rythmisch geprägt, so setzt "Disquiet" wieder auf melodische Elemente, das ein oder andere gelungene Riff und mitunter unverschämt catchy Refrains.

Versteht mich nicht falsch: auch die beiden Alben zuvor waren fantastisch und gehören zu meinen Favoriten, aber "Disquiet" ist genau das, was ich nicht mal zu erträumen gewagt hatte. Meine erste Berührung mit Therapy? hatte ich 1993, im darauffolgenden Jahr erblickte das legendäre Album "Troublegum" das Licht der Welt und ich durfte meine Lieblingsband zum ersten Mal live erleben. Kennt von Euch eigentlich noch jemand das Terminal 1 in München-Riem? Mann, ist das lang her - aber ich schweife ab...

www.therapyquestionmark.co.uk
Zurück zur Gegenwart: der zweite Track "Tides" kommt deutlich poppiger und leichter daher als das recht grantige "Still Hurts", das übrigens auch als erste Single ausgekoppelt wurde. Mir persönlich gefällt "Tides" deutlich besser, doch mit "Good News Is No News" folgt direkt der nächste Höhepunkt, der textlich zu überzeugen weiß und vor allem im Intro ein wenig an Joy Division erinnert.

Weiter gehts mit "Fall Behind", das auch nicht viel Zeit verschwendet, um zum Punkt zu kommen. Ein ordentliches Riff zum Einstieg, eine mitreßende Gesangshook - so muss das sein.

“Trust us to fuck it all up…when we get near the top” - nein, das ist nicht die Vereinshymne der Münchner Löwen, sondern die erste Zeile des im Vergleich zu den vorherigen Songs deutlich düstereren "Idiot Cousin". Schlagzeuger Neil Cooper holt dabei das Letzte aus den Drums raus, was Bassist Michael McKeegan nicht auf sich sitzen lassen möchte und bei "Helpless Still Lost" den Evil Priest rausholt und das Stück extrem durchgroovt. So hat also jedes der Bandmitglieder seinen ganz großen Auftritt auf dem Album, das aber naturgemäß oft durch die unverkennbare Stimme von Andy Cairns getragen wird.

"Insecurity" entführt den Hörer dann wieder zurück in die 90er und hätte so durchaus auch auf "Troublegum" vertreten sein können. Kaum zu glauben, dass Sänger Andy dieses Jahr bereits 50 wird - stimmlich hört man ihm das besonders bei diesem Track überhaupt nicht an.

Danach wirds wieder finster, denn das Riff zu "Vulgar Display of Powder" (Zwischenquiz: Von wem stammt ein Album mit fast identischem Titel?) holt den Leser direkt ab und führt ihn die Welt des Rock, in der Exzesse aber mal sowas von dazugehören und in der sich scheinbar massenhaft lächerliche Gestalten rumtreiben, wenn man den Lyrics Glauben schenken darf.

Nach dem starken, aber im Vergleich eher unauffälligen "Words Fail Me" biegen Therapy? mit "Torment Sorrow Misery Strife" auf die Zielgerade ein und überzeugen erneut durch eine sehr catchy Melodie mit Pogo-Garantie.

Und nun, sehr geehrte Damen und Herren, kommen wir zum letzten Track des Albums, dem Höhepunkt und vielleicht besten Song, den Therapy? jemals aufgenommen haben: die Rede ist von "Deathstimate", einem siebenminütigen Epos, das textlich aus meiner Sicht alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt, einen tiefen Blick in die Seele von Andy Cairns gewährt, Verletzlichkeit und Ängste offenbart und trotzdem nicht zuletzt des überragenden Riffs nur so vor Kraft und Unbezwingbarkeit strotzt.

I don't know where this is going
I don't know how long I've got
There is no certain way of knowing
When it's time for the full stop.
In this time that I've been given
As I try to fill my days
Everything slips out of focus
But familiar things seem strange.
 ...
The road ahead looks shorter than the one behind.
Either way I'm not closer to wisdom.


Klar, ich bin voreingenommen, weil ich hier über meine Lieblingsband seit 20 Jahren schreibe, deren Logo sogar den Weg unter meine Haut gefunden hat, aber ich kann Euch nur empfehlen: Holt Euch "Disquiet" ab dem 23.03. vom Dealer Eures Vertrauens, hört Euch das Album ein paar Mal an - es ist noch nicht zu spät, diese grandiose Band für sich zu entdecken! Meine Wertung steht fest: 11/10!

Und wenns Euch taugt (wovon ich natürlich ausgehe), dann habt Ihr sogar die Chance, Therapy? in naher Zukunft live zu erleben, auch wenn der Süden diesmal leider komplett ausgespart wurde; es wird aber vrsl. noch eine größere Tour geben, bei der die Nordiren für mehrere Konzerte nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz zurückkehren werden.

07.04.: Köln, Underground
08.04.: Berlin, Bi Nuu
09.04.: Hamburg, Knust


Zu "Still Hurts" gibts zwar ein Video, das jedoch in Deutschland leider nicht verfügbar ist; für unsere Luser aus dem Ausland habe ich es aber nach der Akustik-Version von "Tides" dennoch mal verlinkt. Viel Spaß!




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